Gedanken, Kuddelmuddel

Angsthase, Pfeffernase

Angsthase, Pfeffernase, morgen kommt der Osterhase.
Zieht dir deine Hose aus, übermorgen Nikolaus.
Zieht sie wieder an und du bist dran!

Wenn es darum geht einen Wettbewerb zu gewinnen, in dem es darum geht wer die diffuseste Angst hat, dann hätte ich große Chancen diese Challenge zu gewinnen.
Lange habe ich überlegt, ob ich diesen Beitrag überhaupt schreiben soll. Es geht nicht nur um Angst, auch um Angst, um Versagensangst, aber es geht auch darum nicht zu genügen, meinen unzuverlässig zu sein und darum den Junioren nicht genug bieten zu können. Ich schreibe es jetzt, weil es nicht mein alleiniges Problem ist – ich weiß, dass sehr viele pflegende Angehörige, besonders alleinerziehende  Mütter diese Gedanken umtreibt. Sie/wir können noch so viel machen, es wird nie genügen, weil wir uns mit nichtbehinderten Familien vergleichen und diese so viel mehr Möglichkeiten haben. Für mich ist ein Handballspielbesuch ein Mordsaufwand, andere Familien sagen fünf Minuten vorher: Gehen wir zum Handball! Ich muss Helfer akquirieren und doch beide Junioren alleine an- und ausziehen. Ich muss immer fragen und was für mich oft das schlimmste ist: ich muss dankbar sein und das auch zeigen – egal wie es mir dabei geht und egal, ob die Hilfe hilfreich war oder nicht. Ich wünsche mir Eigeninitiative der Helfer*innen, Ideen, was man zusammen machen kann, ohne die Junioren zu über-  oder zu unterfordern.
Aber es geht nicht nur um die Junioren – für sie ist gesorgt, sie sind meistens zufrieden und während der Aktionen bin ich das meistens auch. Es sind Aktivitäten für meine Kinder – da liegt’s begraben. Ich hätte gerne Aktivitäten für mich. Ich möchte einmal wieder essen gehen. Muss nicht unbedingt mit viel Chichi sein, wäre aber schön mal wieder ein Gängemenue serviert zu bekommen. Mit netter Unterhaltung und nicht alleine. Ich fühle mich vernachlässigt und ganz ehrlich – ich bin einsam! Ich kenne andere Eltern, denen es genauso geht. Wer jetzt auf die Idee kommt, dass wir uns doch nur zusammenschließen müssten, der sitzt einem Trugschluss auf. Denn, nur weil andere auch einsam und in der gleichen Lage sind, muss man noch nicht einmal die gleichen Interessen haben und etwas zusammen unternehmen können. Ich vermisse Gespräche auf Augenhöhe. Keine therapeutischen Gespräche, nicht immer intellektuelle, sondern auch mal alberne, welche über Klamotten und Schminke – triviale Frauengespräche und Gespräche mit Mann oder Männern. Dieses Einsamsein tut körperlich weh, das hat mir eine andere Mutter letztens auch bestätigt. Es ist ein Phänomen, das viele pflegende Angehörige haben und das man sehr schwer vermitteln kann. Denk doch mal an dich, kommt dann als Ratschlag. Mach nur mal was für dich! Alleine! Wo man sich nach Gesellschaft sehnt!

Behinderung, Familie, Gedanken, Junioren

Samstagmorgens

Erst einmal Kaffee. Für mich. Das ist Routine, obwohl ich im Moment gar keinen Kaffee mag. Aber da ich jeden Morgen Kaffee trinke, gibts halt welchen. Ich sollte langsam überlegen, ob ich die Routine nicht Routine sein lassen sollte und mir endlich einen Tee morgens aufgießen will. Doch der Kaffee macht wach, Tee nicht.

Es ist Samstag, mein Töchting singt schon um halb acht und sie bekommt ihren Haferdrinkkakao. Milch mag sie gar nicht mehr, verträgt sie wohl auch nicht, denn ihr Bauchweh ist weniger geworden. Dem Kerle gebe ich durch die PEG seine erste Nahrung – hoffentlich spuckt er sie nicht wieder aus. Beide kuscheln noch eine Weile im warmen Bett. Solange bis das Töchting nicht mehr singt, sondern verhalten lacht. Da ist was im Busche. Ich ahne auch schon was. Mein Tochterkind hat ein Wasserbett. Okay, sie sollte sowieso baden! Eine triefend nasse behinderte Frau aus dem Bett heben ist noch mal eine größere Herausforderung, als eine trockene. Ich überlege kurz, ob ich meinen Wollpullover ausziehe. – Ab ins Badewasser mit dem Töchting. Haare waschen. Haare, die bis zur Hüfte reichen. Spülung noch und abbrausen. Das mag sie nicht. Muss aber.
Nebenbei ziehe ich das Bett ab, stecke die Wäsche in die Maschine und gucke nach dem Kerle, der noch mal eingepennt ist. Aufwecken, wickeln, ihm was zu trinken hinstellen. Ihn motivieren und daran hindern wieder wegzuschlummern.

Töchting muss aus der Wanne – das Wasser wird langsam kalt. Ich ziehe sie an: 2 Paar Socken, kurze Unterhose, lange Unterhose, Unterhemd, T-Shirt, Pullover und Hose. Haare kämmen – ohne zu ziepen – selbige föhnen und flechten. Schnell noch aufs Klo. Frühstück hinstellen und darauf achten, dass sie tatsächlich auch was isst. Den Kerle anziehen – annähernd genauso viel und dann meinen Pullover ausziehen, weil die Ärmelbündchen nun doch nass geworden sind […]

Es ist noch nicht Mittag. Kurz nach Mittag wollen wir auf einen Hobbykünstlermarkt! Dort gibts auch Kuchen – und den hab ich mir jetzt schon verdient.

Behinderung, Familie

mit Geld jonglieren

Ich jongliere mit Summen, da schlackert es einen nur so herum. Für 10 Tage Freizeit sind pro Junior*in ca. 1800 € (also insgesamt 3600€) zu bezahlen. Einen Teil zahlt die Verhinderungspflege, der große Rest geht von meinem Konto. Die Auszeit und der Urlaub ist mir das Geld wert – nur darf ich dann woanders sparen. 

Wenn es nach dem Kerle und dem Töchting ginge, dann würden beide in diesem Jahr gerne noch einmal wegfahren. Eigentlich habe ich nichts dagegen, ich gönne ihnen jede Auszeit von Herzen. Wenigstens beginnen nächste Woche endlich wieder Bandproben und hoffentlich gibts mal wieder einen Gig!