Gedanken

ist es wirklich schon so weit?

Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

Rainer Maria Rilke

∙∙∙∙∙

Ich möchte mich weigern, den Herbst jetzt schon zu sehen. Doch es ist unübersehbar. Morgens brauchen die Junioren Jacken, von denen ich hoffe, sie werden im Laufe des Tages ausgezogen, wenn es warm wird. Selber ziehe ich wieder Socken an. Blätter fallen schwebend, die Fruchtfliegenpopulation am Küchenfenster bekommt ein Glas mit Apfelessig und einem Schuss Spülmittel. Die Weinlese hat begonnen!

 

 

Veröffentlicht von piri

Ich bin ganz schön viel und ganz schön wenig, ich bin Mutter, Hausfrau und Dichterin in allen Lebenslagen. Im Autismus-Spektrum bin ich obendrein. In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich manchmal daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ❤️ | ✨

10 Gedanken zu „ist es wirklich schon so weit?“

  1. Sonja sagt:

    Genau so ist es auch hier, sogar das mit den Socken stimmt!

  2. Walter sagt:

    Ich trauere schon seit Wochen dem Herbst entgegen. Sobald der Höhepunkt des Sommers überschritten ist, in der zweiten Junihälfte, geht’s dem Herbst entgegen. Zunächst ganz sanft – die Felder werden gelb, die Amsel hört mit Singen auf –, inzwischen rasant.

    Fernando Pessoa hat mal gedichtet ( in «Das Buch der Unruhe»):

    «Jeder Herbst, der ins Land zieht, kommt unserem unwiederbringlich letzten näher, und dasselbe gilt für den Sommer; der Herbst erinnert durch das, was er ist, an das Vergehen von allem, im Sommer aber genügt ein Blick, und schon haben wir ihn vergessen.»

  3. Amélie sagt:

    Das Rilkegedicht ist eins meiner wenigen, die ich auswändig gelernt habe. Es tröstet mich immer, wenn mit den sinkenden Temperaturen auch die hohen schwarzen Wellen kommen und die Schmerzen, innen und außen. Wieso weiß ich Herbstgedichte auswändig und kein einziges Sommergedicht? Wieso schrieb ich mehr Herbst- als Sommergedichte?
    Ich glaube, es liegt daran, dass Herbstgedichte so gut trösten können, wenn das allgemeine Vergehen dem eigenen so nah kommt, mit erhobenem Zeigefinger, schwarz, totenkalt.
    Liebe Grüße und Lesedank (auch an Kommentator Walter, bei dem ich im Kommi etwas aus der genialen Unruhebibel Pessoas fand)
    Amélie

  4. Gerel Calow-Demerath sagt:

    Ich bin Herbstliebhaberin, mir gefällt die Melancholie des Abschied und die Herbstfarben!

  5. Trude sagt:

    Und Morgens auf dem Fahrrad brauche ich auch schon wieder Licht.

    September halt …

  6. Izzy sagt:

    Dieses Fallen ist so sanft wie schwer zugleich.
    Ich bin ein Herbstkind. Im Fallen der Blätter steckt auch ein Versprechen: Ruhe, Farbenpracht, Einkehr. Der Herbst hat seine eigene Sanftheit.

  7. Violine sagt:

    Plus das Weihnachtsgebäck im Supermarkt.
    Jedes Jahr ein wenig früher, diesmal schon Ende August. Grrrr.

    Ich mag den Herbst. Er ist nicht so grell in Licht und Temperaturen wie der Sommer.

    1. Izzy sagt:

      Oh ja, das Licht im Herbst – ganz besonders zauberhaft.

  8. Margrit sagt:

    Dieser Eine, oder, der unendlich sanft dies Fallen in seinen Händen hält – selbst wenn ich gar nicht an ihn glauben kann, ist er doch so tröstlich.

  9. piri sagt:

    An @lle wieder einmal. Leider reichen meine Gedanken nicht dazu aus, jeden Kommentar zu beantworten – es ist angemahnt worden – ich schaffe es nicht!

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