Behinderung

12.7.21 Zitat

Du bist so mutig und ruhig, dass ich vergesse, dass du leidest. |  Ernest Hemingway

07:02:12 Es geht in die nächste Runde und außer schönen Worten hab ich nichts.

09:17:02 Ich brauche jetzt nicht nur Worte, sondern tatkräftige Hilfe!

10:03:06 Mitleid ist Gift. Man will nicht hören, wie arm man dran ist. Zitat aus dem Artikel: Warum nicht? Wenn Menschen so etwas sagen, dann kann man davon ausgehen, dass sie eigentlich nur versuchen, sich selbst zu trösten. Ein Nicht-Betroffener kann meist noch viel weniger ertragen, was dem anderen zugestoßen ist, als der Betroffene selbst. Er denkt, wie Sie selbst ja zu Beginn des Gespräches formuliert hatten: Um Gottes willen! Das ist ja nicht auszuhalten! Wie ginge es wohl mir in dieser Situation? Um diesen eigenen Schmerz weniger schlimm zu machen, redet man dann so beschwichtigend daher: Wird schon wieder, warte mal ab, …

Ich möchte niemanden vor den Kopf stoßen. Allerdings weiß ich, dass meine Art zu kommunizieren eine schroffe ist. Man wird mit der Zeit zynisch. Ich möchte es nicht. Es tut mir auch selbst weh, aber es ist ein Schutz nicht völlig durchzudrehen.

12:58:33 Wenn eine Mitarbeiterin der Krankenkasse zurückruft, bei der man um Hilfestellung gebeten hat und diese sagt, dass sie auch nicht mehr weiß als ich, weil ich mich ja schon umfassend informiert habe, dann ist es nicht verwunderlich, dass ich einen Weinattacke bekomme und verzweifelter denn je bin.

18:55:42 Der Nachmittag war eine Wundertüte. Alles drin, von Strahlemann & Töchter zu Gruselgraus und Fledermaus. Nur ein bisschen Gespucke und ganz wenig zetern. Gegen den Husten habe ich auch was in der Hausapotheke gefunden – kein Husten kein kotzen! Ist das wirklich so einfach?

Behinderung

gut gemacht

Eigentlich ist eigentlich ja ein Füllwort, aber ich mag sie  – diese Füllwörter. Jedenfalls eigentlich!

Also! Eigentlich ist dieser Tag noch nicht zu Ende und doch möchte ich sagen, dass wir ihn gut gemeistert haben. Mit viel Angst im Nacken, mit Bauchweh meinerseits und Fingernägelkauen. Heute Morgen habe ich einfach gemacht. Habe den Kerle in die Badewanne gesteckt, das voll gespuckte Bett abgezogen, habe ihn gelassen und habe nicht auf ihn eingeredet. Später habe ich Tee gekocht. Erst einen Magen-, Darmtee. Habe jeden Schluck dem kleinen Mann in den Mund geredet, nebenbei mein Töchting aus dem Bett geholt, sie angezogen, ihr ein Frühstück bereitet, ihr jeden Bissen und jeden Schluck eingeredet. Habe Betten gewaschen, der Angst eine lange Nase gezeigt, mich zum Kerle auf die Decke gesetzt und Salzstängelchen angereicht. Immer eine, immer wieder und noch eine. Beobachtet von mir bekam er immer wieder ein Salzstängelchen. Später noch einen Hustentee und mein Klops im Bauch wurde zwar nicht kleiner, aber stiller. Eingeschüchtert hat sich die Angst ins hintere Eck verkrochen, immer auf dem Sprung ganz schnell wieder im Mittelpunkt zu stehen. Drei Bröckelchen eingelegten Schafskäse hat er noch gegessen und ein halbes Ei – und vier Buchstabenkekse! Der Kerle ist ansprechbar und guckt jetzt Videos von Spielzeugautos, die man fernsteuern kann. Dem Töchting habe ich Bilderbücher vorgelesen, nebenbei habe ich vergessen zu trinken, dafür bluten meine Nagelsäume. Er sagt, es geht ihm gut. Sie sagt, ich solle sie erst mal in Ruhe lassen. Ich beziehe Betten und sehe mein volles Glas schon wieder nur von weitem.

Dieser Tag ist noch nicht zu Ende. Aber er wird nicht in einer Tragödie enden. Inzwischen habe auch ich etwas getrunken und wenn die Junioren im Bett sind, dann werde ich mir einen großen GinTonic  einschenken und bestimmt sehr früh in meinem Bett versinken …

Behinderung

wen jemand denkt

Wenn jemand denkt, dass der Kerle jetzt normal isst, dann irrt sich der. Es geht wieder los – die Kotzerei! Und mir dreht sich ebenfalls der Magen um. Zwei Tage war es gut und jetzt hat die Angst ihren Mut wieder gesammelt und scheint sogar gestärkt zu sein. Inzwischen ist sie fordernd geworden und greint nicht mehr – ich weiß nicht, wie ich ihr entgegenstehen soll. Mir ist heiß und kalt gleichzeitig und ich fühle mich verhöhnt.

Warum finden die Ärzte keine Lösung? Was kann ich machen? Wer hilft mir? Wo bekomme ich überhaupt Hilfe her – moralische und tatkräftige?

Letztens schrieb ich, dass ich schonungslos erzählen werde. Das soll aber nicht heißen, dass hier so etwas wie Reality-TV entsteht. Ich bitte um Respekt. Nichts liegt mir ferner, als mein Kind bloßzustellen. Ich möchte nur aufzeigen, dass in Deutschland auch nicht alles geht und man manchmal sehr alleingelassen wird.