Behinderung, Kuddelmuddel

Eric Bibb

Ich hab‘ den Blues – wir leben in den Tag hinein. Der Kerle hat gestern bis 4 Uhr gedaddelt, ich war hundemüde und habe in der Nacht, wie ein Kleinkind in Mutters Schoß geschlafen, Carsten dagegen war hellwach! Böse kann ich ihm nicht sein, es ist sein eigener Schaden oder Vergnügen  – je nach dem wie man es sieht! Dabei ist der blöde Hautausschlag – er hat eine heftige Pilzinfektion am Hals und auf dem Rücken, niemand aus der Wohngruppe war mit ihm beim Arzt – ich bin deswegen mittelprächtig sauer – der Ausschlag ist zum Glück nicht mehr so stark, aber auch nur deswegen, weil ich gleich am Dienstag mit ihm beim Arzt war und eincreme und 2stündlich salbe. Damit nicht zum Arzt zu gehen, war grob fahrlässig.

Es ist der 1. Mai. Es gab keinen Tanz in ihn hinein, es gibt ( hier) keine Demos und nicht genug Regen. Den Kerle werde ich pennen lassen und das Töchting wird bald baden  …

Kuddelmuddel

keine Zeit

Stimmt so nicht ganz, aber Zeit ist tatsächlich ein bisschen knapp! 24 Stunden zwei Junioren versorgen, dazu noch keine Struktur – kann man auch noch nicht erwarten nach zwei Tagen. Meine Freiheiten sind eingeschränkt, das nehme ich gerne in kauf, denn es ist – bei allen Einschränkungen – immer noch tausendmal besser, als weiterhin getrennt zu sein. 

Kuddelmuddel

verlottert glücklich

„Du Mama, ich bin so froh wieder Zuhause zu sein!“ Carsten sagt es und Wiebke strahlt nur wie ein Honigkuchenpferd. Beide Junioren sind happy. Beide Junioren sehen etwas derangiert aus. Wiebke hat knallrote – leicht abgeblätterte – spitze lange Krallen. Um mich ein bisschen aus der Reserve zu locken kratzt sie mit den Fingern über die Terassentischdecke – das Geräusch dringt durch Mark und Bein. Mein Töchting hält mir ihre Hände hin und fordert eine Maniküre ein.

Morgen!

Morgen werde ich auch den Hilfsbeatles rasieren, barbieren  und frisieren: „Aber bitte lass das Deckhaar lang. Die Rotzbremse, ich weiß du magst sie nicht, kannst du meinetwegen glattmachen!“ Aus dem Off kommt eine weibliche Stimme: „Wird auch Zeit, dass dieser Schmutzfänger weg kommt!“ An Carsten gewannt predigt sie: „Du siehst wie ein Penner aus!“ Das lässt der Kerle nicht gelten: „Mein neuer Freund hat auch nen Bart und der ist der Gruppenleiter!“ Ich habe den neuen Freund nicht gesehen, nur desöfteren am Telefon gesprochen, der Mann ist sehr nett und hat Sinn für Humor.

Morgen bekommt der Kerle auch seine Königsberger Klopse. Morgen haben sich die Junioren hoffentlich ausgequasselt und mein Loch im Bauch, von den vielen Fragen ist zugewachsen. Morgen kommt die Haushaltshilfe wieder und morgen beginnt unser Alltag wieder. Zwar ganz anders, als im Januar und ohne Werkstatt. Wir müssen uns eine Struktur schaffen – heute nicht mehr, morgen machen wir das. Morgen gucken wir mal – heute stecke ich die Herrschaften gleich ins Bett und werde auch danach sofort ins meins verschwinden.