Es heißt wir haben alle 24 Stunden am Tag zur Verfügung. Ja, theoretisch! Ich merke in momentanen Zeiten, das das nicht stimmt. Meine verfügbare Zeit ist sehr begrenzt. Wochentags zwischen 9:00Uhr und 14:45Uhr! Dann sind definitiv die Junioren in der Lebenswerkstatt. Aber in diese Zeit muss ich auch alles reinpacken. Mein Ehrenamt – ich möchte ja nicht nur Niesnutzer sein – im Weltladen einmal in der Woche, Arztbesuche meinerseits, und die der Junioren, das bisschen Haushalt, einkaufen, ein ganz klein wenig Sport und Physiotherapie, Bürokram.
Gestern habe ich tagsüber keine fünf Minuten für mich alleine gehabt. Erst Morgenroutine, dann in den Weltladen. Dort Waren einsortieren. Die Mitstreiterin – wie soll ich es nur freundlich ausdrücken? – die Mitstreiterin redet um des Redens willen. Bei ihr werde ich immer stumm, was sie natürlich herausfordert die Stille mit noch mehr Gequatsche zu füllen. Da können vier Stunden schon mal ewig dauern. Erst recht wenn keine Kund*innen kommen.
Vom Laden raus ins Auto, ans andere Ende der Großstadt. Die nichtpassende Hose des Töchtings zurückbringen und den aufdringlich Mann abwehren.
Schnell noch in den Biomarkt, Tempeh kaufen! Habt ihr gewusst, dass es so viele verschiedene Sorten gibt?
Zwischendurch klingelt das Handy und eine Mutter eines ebenfalls behinderten Mannes ist besorgt, weil ihr noch niemand gesagt hat, dass sich die Betreuungssituation fatal ändert. Ich vertröste sie auf später, muss noch Milch holen.
Stau auf der Ausfallstraße Richtung Dorf. Unser Dorf ist gerade sowieso aufgerissen!
Brot. Der Bäcker ist mittendrin im Baustellenchaos. Geht nur zu Fuß und kostet Zeit, die mir durch die Finger rennt.
Zuhause den Wekstattleiter anrufen und tatsächlich an die Strippe kriegen. Er redet viel und sagt wenig.
Die andere Mutter zurückrufen – es ist kurz vor drei und in fünf Minuten kommen die Junioren. Sie klagt mir ihr Leid, denn ihr Sohn hatte in letzter Zeit mehrere epileptische Anfälle. Wenn jetzt die fähigen Mitarbeiter gehen, wird’s erst mal schwer, weil die neuen die Dramatik nicht richtig einschätzen können.
Ich habe die Befürchtung auch, denn der Kerle kam komplett neu angezogen heim. Beim Wickeln ist ein Malheur passiert. Beruhigen konnte ich die Mutterfreundin nicht.
Die Junioren kommen und wollen nichts von mir, sagen sie! Aber bitte was zu trinken und vielleicht Kekse oder was zu naschen oder das eine oder andere Teil, an das sie selbst nicht rankommen.
Ich verziehe mich für eine Viertelstunde unter die Dusche. Am frühen Abend habe ich ein Date. Eins in der Bücherei zum Spieleabend. Carsten und Wiebke bekommen einen Sittingdienst – kostet etwas mehr, aber das bin ich mir wert. Kurz vor zehn bringe ich die nette Frau nach Hause und setze mich danach aufs Sofa und gönne mir einen Quittengin pur – lecker! Noch ein bisschen Podcast, für Bücher fehlt mir die nötige Konzentration und darüber schlafe ich ein…
8. November 2025 8:14 — 08:14
Liebe Piri, dein Tag klingt so dicht, dass man beim Lesen fast die Uhr ticken hört.
Es ist beeindruckend, wie viel du in diesen begrenzten Stunden bewegst – zwischen Verantwortung, Rücksicht und den kleinen Momenten, die du dir trotzdem nimmst.
Zeit ist eben nicht nur eine Zahl, sondern ein Gefühl – und deins scheint immer zu rennen.
Der 24-Std.-Tag ist eben „nicht“ für alle gleich.
Eine Umarmung im Gedanken.
8. November 2025 8:24 — 08:24
Das ist wirklich dicht gedrängt.
8. November 2025 9:21 — 09:21
Der Tag war wirklich durchgetaktet. Das strengt schon beim Lesen an.