Es ist mal wieder viel zu früh am Sonntagmorgen. Das Töchting kann nicht schlafen: „Meine Augen gehen nicht zu und es ist so dunkel!“ Das hört sich lustig an, ist es aber nicht. Ich kann auch nicht wieder ins Bett, denn dann ruft sie mich.
Wie kann ich dir helfen?
Weiß ich nicht!
Dann schlaf.
Geht nicht, meine Augen sind offen.
Mach sie zu.
Dann seh ich nichts mehr.
Ich bin müde!
Ich nicht!
Ich will in mein Zimmer gehen, da fliegt eine Brille, kurz danach ein Maulwurf durch die Gegend mit anschließenden Weinen. Mein Töchting ist völlig aufgelöst. Warum weiß sie selbst nicht. Wir sind beide genervt. Ich möchte zurück in mein Bett, aber kaum habe ich die Tür des Zimmers erreicht, ruft sie mich wieder zu sich. Wiebke fürchtet sich, sie ist wach. Wenn ihr Bett groß genug wäre, würde ich mich zu ihr legen. Aber erstens, ist es zu kurz und zweitens, mag mein Töchting keinen Körperkontakt – schon das zögerliche streicheln von mir wehrt sie ab.
Sie will nicht, dass ich gehe. Will nicht, dass ich neben ihr sitze. Will nicht, dass ich sie berühre und will nicht alleine sein. Mittlerweile friere ich. Den Saft, den ich ihr bringe, schlägt sie mir fast aus der Hand… Es geht noch eine Weile so weiter. Sie tut mir leid. Ich kann sie verstehen, nur helfen kann ich ihr nicht. Sie ist gefangen. In ihrer Behinderung. Im Autismusspektrum und sie macht es nicht mit Absicht. Sie ist selbst unglücklich damit und eigentlich sehr müde.
Jetzt schläft sie erschöpft – ich bin wach!
Georg Rode sagt:
Keine Ahnung, wie du das schaffst! Liebe ist wohl deine innere Energiequelle. Ich bewundere das!
piri sagt:
Ja, die Liebe! Ohne sie wäre es verdammt schwer.
quersatzein sagt:
Ich bewundere dich auch. Wie du diese Herkulesaufgabe Tag für Tag stemmst, ist einfach nur grossartig.
Ich wünsche dir Superkräfte, die es leider nicht gibt, das ist mir schon klar.
Lieben Gruss, Brigitte
piri sagt:
Bewunderung? Danke! Aber eigentlich hätte ich lieber den Respekt und die Anerkennung und ab und zu ein bisschen jemanden um mich, der/die mir einen Kaffee macht – einfach so!
Trude sagt:
Alles klar – von mir bekommst du Respekt und Bewunderung!
piri sagt:
Du bist einfach gut.
Margrit sagt:
Von mir bekommst du Puh und Bravo
piri sagt:
Ach danke.
Conny sagt:
Hallo Petra,
vielen Dank für diesen Post, der so klasse Deine Realität schildert. Der so einfühlsam und voller Liebe geschrieben ist. Bleib so wie Du bist und hadere nicht immer mit Dir … Du machst das hervorragend.
piri sagt:
Danke Conny, deine wenigen Kommentare tun mir so gut.
gerlintpetrazamonesh sagt:
Oh ja. Ähnliche Erlebnisse können wohl alle Eltern berichten. Je nach Alter und sonstigen Eigenschaften des Kindes kann man es besser oder schlechter erreichen. Aber das aktuelle Problem – Kind kann nicht schlafen, Kind will Zuwendung, aber in welcher Form – bleibt. „Ich bin so wach wie ein Bär, der vom Winterschlaf aufwacht,“ benannte das einmal meine ältere Tochter. Wir wissen es, es gibt nur eines, was hilft. Geduld. Viel Geduld. Woher nehmen, wer gibt sie den Eltern, die sie immer wieder aufbringen sollen!
piri sagt:
Nur dass das bei den Eltern mit kleinen Kindern keine 44 Jahre andauert! Beziehungsweise noch länger. Es ist eine Phase, die sich spätestens im Teenyalter einstellt.