Schlagwort: pflegende Angehörige

schlafen

Eltern von kleinen Kindern kennen solche Nächte – Nächte, in denen sie selbst nicht schlafen können, weil ihre Kinder nicht schlafen. Heute Nacht hatte ich hier so eine.

Der Kerle ist per se ein Abendmensch, darf er sein. Aber wenn er kränkelt, dann nervt das schon doch. Ein bisschen was zu trinken, die Bettdecke liegt quer (er kann sie nicht einfach, wie es normale Menschen machen, selbst richten), dann hat er gespuckt… Nichts dramatisches, eher Routine und nichts, um ihn an die Wand nageln zu wollen – nur halt in einem etwas nörgeligen weinerlichen Ton.

Das Töchting ist, wenn sie krank ist, ein männliches Wesen. Der kleinste Schnupfen ist schon ein Weltuntergang und jetzt hat sie nicht nur einen Schnupfen – hat Gliederschmerzen und Kopfweh, hat Hunger, aber keinen Appetit, will vom Rollstuhl absteigen, aber nicht ins Bett, ihr Rücken schmerzt und das Auge zuckt, sie will Gesellschaft, aber ich soll weggehen. Auch ihre Bettdecke knüddelt vor sich hin und wenn der rechte Fuß kalt wird, dann erfriert sie fast. Trinken will sie nicht, aber Tee kochen soll ich und die Schmerzmittel wirken nicht.

Zwischenzeitlich wollte ich mir Ohropax in die Ohren stecken, die Türen zumachen und einfach nur schlafen.

Kommunikationsnudel

Das müsst ihr mal machen. Mit dem Kerle schwimmen gehen. Erst denkt man, dass er gnadenlos absäuft und untergeht. Dann pirscht er sich langsam an – an andere, meist weibliche Schwimmerinnen, dreht wieder ab und guckt ganz harmlos und pirscht sich noch einmal an. Dann spricht er die Frau an: „Gefällt es Ihnen hier auch so gut?“ Diese guckt verblüfft, lässt sich aber auf ein Gespräch ein. Das Ganze geht immer wieder so. Ein kurzer Satz, Smalltalk, sich annähern und entfernen. Zwischendurch ertrinkender Mann spielen oder mit seiner Schwester eine kleine Wasserschlacht machen. Eine ganze Stunde geht das hin und her. 

Meine wunderbare Begleiterin (wir haben im Moment zwar nicht so viele Helferinnen, dafür sind sie aber allesamt super) und ich quatschen auch mit der Zufallsbekanntschaft des Kerle und haben nette Gespräche. Carsten hat sie inzwischen zu uns nach Hause eingeladen und festgestellt, dass sie ein Auto hat: „Da können Sie doch mal kommen. Meine Mama backt auch einen Kuchen!“ 

„Mein Auto in der Tiefgarage ist ein blauer Daihatsu, wenn ihr geht, hängt einen Zettel mit eurer Telefonnummer an den Scheibenwischer!“ Haben wir nicht gemacht, weil sie vor uns das Bad verlassen hat. „Machen wir umgekehrt, wir brauchen länger zum anziehen! Schreiben Sie doch Ihre Telefonnummer auf und klemmen diese an unseren Bus!“ Als wir beim Fridolin ankamen, hielt das Wischerblatt einen Zettel fest – mit Adresse und Telefonnummer. Ich rufe, nachdem wir zu Abend gegessen haben, gleich mal an!

Seht ihr, so schließt man Freundschaften. Der Kerle macht’s mir vor. Bei ihm sieht das aber auch sehr leicht aus.

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18:48 Uhr – tut mir leid, dass ich die Kommentarfunktion wieder zurückgeändert habe, aber die Smileys waren nicht mehr da.

immer wieder

Diese blöde Angst, dieses blöde keine Helfer haben, dieses blöde in der Luft hängen und dieses blöde mit den Problemen und -chen alleine zu sein!

Heute hat, aus sehr trifftigen Gründen, eine wunderbare Helferin absagen müssen. Mein volles Verständnis ist ihr sicher und dennoch verunsichert mich das sehr. Das kommende Wochenende sind wir auch alleine. Dabei ist Geld vorhanden, die ehrenamtlichen Helfer entschädigen zu können. Nur, es gibt halt niemanden! Ich mag jetzt nicht hören, dass ich alles gut mache – ich mache es nicht gut, wenn wir zweieinhalb Tage aufeinanderhocken und wir nicht raus können. Es stresst mich, es würde jeden stressen. Das tut es auch, denn ich bin/wir sind in ‚Behindertenkreisen‘ keine Ausnahme. Es geht vielen Angehörigen so. Eine Mutter, die ebenfalls 2 behinderte Kinder zusammen mit ihrem Mann zu betreuen hat, hat ein noch schlechteres Gewissen, als ich. Sie geht auf dem Zahnfleisch und denkt, dass sie ihre Kinder abschiebt, wenn diese für ein paar Tage in die Kurzzeitpflege gehen. Eine andere Mutter sucht händeringend stundenweise eine Betreuung für ihren Sohn, der ab und zu beatmet werden muss. Sie findet niemanden auf Dauer. Genau das ist es, das zermürbt. Nicht nur manchmal brauchen wir – da schließe ich andere Angehörige mit ein – Helferinnen und Assistenzkräfte. Nein, wir bräuchten diese regelmäßig und verlässlich. Dann wären meine Ängste weniger und ich hätte auch nicht das Gefühl, Gelder in Anspruch zu nehmen, die mir nicht zustehen. 

Gefühle sind Gefühle und garantiert nicht rational nachzuvollziehen.

Ich hoffe ja immer noch, dass es Menschen gibt, die Zeit mit uns verbringen möchten und denen es Spaß macht regelmäßig zu kommen. Mit uns spazieren gehen (momentan sind zwei der sporadisch kommenden Damen relativ fußlahm oder ziemlich unflexibel), mit uns ins Kino gehen, oder schwimmen. Die Junioren möchten gerne mal wieder auf ein Konzert!

Blödes Angstkarussell, blödes!

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