Alltag, Behinderung, Familie, Gedanken

was machst du eigentlich

Du schaffst das

Das gibt es schon – ich glaube an jedem fünften des Monats. Ich schaffe es nicht bei Blogparaden mitzumachen. Es ist mir ehrlich gesagt zu anstrengend. 

Heute möchte ich erzählen, wie es ist an einem langen Wochenende keine Helfer*innen zu haben. Wiebke wird früh wach – und früh heißt wirklich früh – heute hat sie nach der nächtliche Zwischeneinlage tatsächlich bis sieben Uhr ausgehalten. Sie singt, lacht, freut sich, isst aber nichts und trinkt auch nichts. Ich sitze eine halbe Stunde bei ihr und versuche ihr den Kakao in den Mund zu reden. Sie trinkt nicht, sie lacht. Für den Moment gebe ich es auf. Aber sie muss etwas trinken, sie muss ein bisschen was essen. Ich versuche es wieder, weil ich ganz genau weiß, dass sie von sich aus den Kakao an die Seite stellt und vergisst. Wir haben es jetzt kurz nach neun und mein Töchting hat nur genippt. Inzwischen war ich ein paar Mal im Zimmer. Beide Junioren haben weder Hunger noch Durstgefühl und bei beiden ist es ein Geduldspiel, denn sobald ich energischer werde machen sie dicht und trinken gar nichts mehr. 

Gerade ist Carsten aufgewacht und ich habe ihn über die PEG ca 125ml Nahrung gegeben – ca. 180 cal – viel zu wenig, aber immerhin. Getrunken hat er einen Schluck Cola. Gleich werden beide baden, denn an einen Spaziergang am Sonntagmorgen ist nicht zu denken, es ist kühl und Wind weht. 

10:59 Uhr – Wiebke sitzt in der Badewanne und weint. Sie möchte nicht, dass ich schreibe.

11:35 Uhr – Meine Tochter ist frisch, sauber und hat schön geföhnte Haare, nur ausgetrunken hat sie immer noch nicht. Carsten dagegen, hat getrunken und er ist schon wieder in den Weiten des Weltalls verschwunden. Das Wetter draußen wird immer össeliger – Spaziergang fällt ins Wasser. Minna rattert – Minna ist unsere Waschmaschine – denn die Windel vom Kerle war nicht ganz dicht. Den Jungsroman habe ich endlich fertig vorgelesen und noch keine Ahnung, welches Buch ich als nächsten vorlese. Irgendwas mit Herrn Elmer oder so… 

12:45 Uhr – Ich habe vergessen Salat einzukaufen. So gibt es heute Mittag nur Tortellini mit Tomatensoße, dafür aber mit frischem Parmesankäse. Wiebke hat zumindest jetzt ein Glas Saft getrunken. Es gestaltet sich sehr schwierig. Vielleicht kann ich sie mit den Erdbeeren zum Nachtisch locken!?

15:21 Uhr – statt Kuchen gibt es Kekse. Selbstgekauft zum leckeren FlatWhite. Carsten trinkt einen Kaffee mit und Töchting immer noch ihren Kakao. Der Nachbarssohn, inzwischen fast einsneunzig hoch, trägt kurze Hose zum dicken Pullover. Ich gucke SciFi, vergesse die Zeit und genieße meine Langeweile. So langsam freunde ich mit der Angst an – scheint wohl besser, sie als Verbündete zu haben denn als Gegner! Minna ist fertig und hat Papiertaschentücher gewaschen – Qualität zahlt sich aus. Ich brauch sie nur trocknen und kann sie noch einmal benutzen.

17:11 Uhr – Fotos von Freitag:

17:54 UhrZeit für mich selbst ist sehr wertvoll und wichtig. Hab ich leider viel zu wenig, auch wenn es nur kurz ist: Eine kleine Pause und in mich hineinhören, hören was ich gerade brauche…

19:59 Uhr – Nachrichtenzeit, aber ich gucke nicht. Mag nichts vom Krieg hören, keine Überschwemmungsbilder sehen, habe keine Lust auf Fußballmeister und wie das Wetter ist, sehe ich wenn ich aus dem Fenster schaue! Heute hatte ich einen Dauerschleifensatz: Trink was! Es hat gefruchtet und gefrustet, aber es hat gewirkt.

Fortsetzung folgt…

Behinderung, Gedanken, Junioren

wie ist das, Angst zu haben?

Angst

Eigentlich, so dachte ich, dass die Luft zum bloggen verpufft ist. Aber wie so oft habe ich mich getäuscht. Es passiert viel Unblogbares, in meinem Inneren und um mich herum. Eine ältere Helferin verlässt uns und so haben wir kaum noch zuverlässige regelmäßige Helfer. Ich brauche diese aber, sonst drehe ich durch. Ich benötige Menschen auch für mich und Menschen für die Junioren damit ich nicht alles alleine verantworten muss, damit auch einmal andere das immer gleiche Gerede der Junioren aushalten und wir hier rauskommen. Es gibt niemanden, schon gar keinen, der/die regelmäßig wöchentlich kommt…

Ich wiederhole mich, es ist nichts neues und es langweilt sicherlich so manche – Leben besteht eben auch immer aus Wiederholungen, aber genau das Beständige macht es berechenbarer und ebenso entschieden leichter!

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Was hat das alles mit Angst zu tun? Eine ganze Menge. Angst vor Veränderungen, Angst zu scheitern, nicht zu genügen und Angst davor mit der Pflege der behinderten Junioren  – nein, nicht mit der körperlichen Pflege, sondern mit der, die Beiden adäquat zu beschäftigen, ihnen etwas zu bieten und dabei mich selbst nicht völlig zu vergessen. Ich komme zu kurz und wenn jetzt noch jemand abspringt, dann bin ich, fühle ich mich, für alles zuständig und habe die berechtigte Angst durchzudrehen!

Glaubt mir, das ist kein Einzelproblem. Sehr viele pflegende Angehörige haben kaum Möglichkeit ein eigenständiges Leben zu führen, denn sie sind nicht allein – aber oft einsam.

Alltag, Behinderung, Gedanken

alleingelassen

Kuddelmuddelgedankenchaos – behindertes! Entschuldigt bitte, auch ich würde lieber gerne über den wunderschönen Frühling schreiben. Auf der Wiese vorm Wohnzimmer blüht ein Gänseblümchenmeer. Im Sonnenschein ist das prächtig, doch mein Herz ist schwer. In diesen Winkel kommt kein Lichtstrahl, so scheint es. Wir waren zwar eine Runde spazieren – einmal zum Sportplatz, ihn umrunden und auf der anderen Seite zurück. Mit einer älteren Dame. Wenn jemand kam und uns ansprach, mussten wir schnell weiter, weil sonst die Begleiterin mürrisch, nein das ist nicht das richtige Wort, muffelig wurde – sie hat kein Interesse an Gesprächen mit kleinen Jungs. Sie läuft mit dem Rollstuhl als ihren Rollator stur ihren Weg, guckt nicht links und nicht rechts, hat mir im Vorfeld schon gesagt, dass sie nur den leichten Weg geht. Den geht sie dann auch und zeigt ihre Leidensfähigkeit.

Es geht der Pastorenfreundin nicht gut, auch das zeigt sie ausgiebig. Meine Tränen waren schon vor dem Spaziergang da, als sie mir sagte, dass sie sofort danach wieder geht. Wie sage ich das den Junioren? Sie haben sich doch auf, erst einen Spaziergang und danach einen Spielenachmittag, gefreut. So war‘s geplant und abgesprochen. Sie kann nicht! Oder will sie nicht? Ich weiß, dass sie mich momentan nicht mag und dass die Junioren sie nerven. Sie sieht keine Fortschritte bei den behinderten Menschen. Sie hört immer dasselbe, sagt sie. Es zermürbt sie! Kann ich verstehen – wer will auch ausschließlich MenschÄrgereDichNicht spielen? Sie hat mich überrumpelt, heute.

Ich muss versuchen neue Menschen zu finden, die ihre freie Zeit mit uns als Freizeit verbringen wollen. Ich muss den Junioren erklären, dass nicht alle Menschen, die sagen, dass sie mal kommen, auch wirklich kommen. „Warum sagen die das dann, wenn’s dann doch nicht stimmt?“ Ja, warum? Seit Wochen springe ich über meinen autistischen Schatten und mache Smalltalk den ich gar nicht kann. Stümperhaft versuche ich uns anzupreisen, schöne Spaziergänge aufzuzeigen, dass wir gemeinsam malen könnten oder schwimmen, auch mal in den Tierpark oder nur in der Sonne sitzen – gemeinsam macht das mehr Spaß – und es soll ja auch nicht umsonst sein. Einfach mal was miteinander tun…

19:52 Uhr – Der Kerle quatscht mir die Ohren ab, er erzählt vom kommenden Bayernurlaub (die Junioren fahren über Ostern auf eine Freizeit) und Wiebke übt jodeln – hört sich so glücklich an. Sind das wirklich meine Kinder, diese fröhlichen Menschen?