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Lilli umarmt

Ja, ich weiß, man darf das nicht! Aber mir war danach. Sogar sehr! Die alte Frau lebt alleine und sie sah so traurig aus.

Ganz abgemagert ist sie – ob sie wohl genug isst? Gürtelrose hat sie – seit nun fast 6 Monaten – und diese will oder kann nicht abheilen. Die Nervenschmerzen sind, so sagt Lilli, zum Heulen schlimm. Lllli ist inzwischen 85 Jahre alt und hat zum Glück jemanden, der für sie einkauft. Aber ihren Garten bewirtschaftet sie immer noch alleine: „Keiner kann das so wie ich!“ Da ist sie eigen. Ihre Rabatten stehen wie eine eins und die Schnüre hängen fein säuberlich zusammengebunden am Schuppen. Lilli trägt nie Kittelschürze, aber heute hatte sie so etwas ähnliches an. Oder sieht es nur so aus, weil sie so schmal geworden ist und die geblümte Schürze mit Latz nun fast um den Körper zu wickeln ist?

Sie sah so verlassen aus – heute – unsere Lllli, die uns im Herbst mit Äpfeln versorgt und im Advent immer eine Tüte vielerlei Brödle geschenkt hat. Ich musste sie einfach in den Arm nehmen. Auch wenn man das nicht sollte. Es hat nicht nur Lilli gut getan …

und …

… manchmal ist es so, dass man da sitzt und staunt: Wo kommen nur die Augenringe her, obwohl ich doch ausreichend geschlafen habe?

Es ist Zeit, für mich ist die Zeit im Frühling immer schwer, wenn die Tage wärmer werden. Dann habe ich noch ein größeres schlechtes Gewissen den Junioren gegenüber, weil ich ihnen nicht die Abwechslung bieten kann, die ich ihnen gerne bieten möchte. Außerdem ist Pandemiezeit! Die Junioren, die so gerne unterwegs sind, dürfen/sollen nicht wegfahren – aber wohin auch? Und mit wem? Isolationszeit! Mein Rechtschreibprogramm kreidet mir das Wort Isolationszeit an – ich kreide es auch an, aber aus anderen Gründen. Ich vermisse Gespräche auf Augenhöhe mit Menschen, die ich liebe. Aber ich vermisse auch Albernheiten. So gerne, wie ich alleine bin, so sehr vermisse ich Gesellschaft! Meine Augenringe kommen auch daher, dass ich nicht ausreichend genug geschlafen habe, dass ich viel zu viel denke und eigentlich zu wenig zu tun habe und dennoch zu viel. Ein Leben im Paradoxon  – aber hat das nicht jeder? Es liegt an uns selbst, es zu meistern. Auch wenn wir das nicht können, so sollten wir es leben  – und wir können es auch.

Ostern kommt. Mal schauen, was wir machen können? Ich möchte woanders spazieren gehen, was anderes sehen. Aber auf Massenauftrieb habe ich keine Lust, die Junioren sind noch nicht geimpft – wann steht in den Sternen, wir müssen vorsichtig sein, denn eine Infektion mit Covid-19 wäre fatal …

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