Behinderung, Junioren

was tun?

Noch haben wir etwas Zeit bis die Lebenswerkstatt wieder öffnet, aber soll ich in diesen Zeiten die Junioren hinschicken? Carsten hat schon signalisiert, dass er nicht möchte! „Wenn ich denn geimpft wäre, dann wäre das kein Problem. Aber ich habe Angst!“ Das sagt ein mehrfachbehinderter kleinwüchsiger Mann, der auf dem Rollstuhl sitzt und Freunde in der Werkstatt hat, die er schon lange nicht gesehen hat. Wiebke sagt gar nichts, sie zieht sich mehr und mehr zurück.

Die Einrichtung schreibt, sie hätte ein gutes Hygienekonzept – hat sie sicherlich auch, aber die Diskussion über einen weiteren Shutdown geht natürlich an behinderten Menschen nicht spurlos vorbei. Zumal besonders der Kerle zur Hochrisikogruppe gehört, aber dennoch nicht gleich geimpft wird. Hier im Landkreis haben noch nicht einmal die Impfzentren geöffnet. Ich bin unsicher, was ich entscheiden soll! Einerseits ist es gut, wenn die Junioren einen strukturierten Tag haben – so etwas gibt Sicherheit und die Eintönigkeit wird unterbrochen. Andererseits ist es ein Risiko – von dem die Verantwortlichen der Werkstatt sagen, dass es keins ist, weil das Konzept ein gutes sei. Ich weiß es nicht! Meine Tendenz geht dahin, die Junioren daheim zu lassen. 

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Husten ist festverankert und das Gedankenkarussell dreht und dreht und dreht sich munter weiter. Wir haben bislang immer noch einen Weg gefunden … 

Behinderung

letztes Jahr

Im letzten Jahr habe ich gehustet, wie ein Brüllaffe! Heute huste ich wieder. Noch nicht, wie der besagte Affe – aber der eiserne Heinrich hat meine Brust wieder voll in seinen Ringen. Mist ist das. Besonders jetzt in diesen Coronazeiten. Ich, die eine Grundkörpertemperatur von 35,5 Grad hat, habe annähernd 38 Grad! Niemand ist da, außer den Junioren. Diese sind wunderbar, sehr rücksichtsvoll und dafür lasse ich sie auch das machen, was sie wollen – ich liebe sie! ❤️

Behinderung

Jetzt | Sonntagsgedanken

Vorab eine kleine Geschichte: Ein Freund öffnete eine Schublade der Kommode seiner Frau und holte daraus ein aufwändig gestaltetes Päckchen. Darin befand sich ein kostbarer seidener Schal. Er betrachtete die Seide und fuhr andächtig mit den Fingern über den Schal.
„Den habe ich meiner Frau vor einigen Jahren gekauft, aber sie hat ihn nie getragen. Sie wollte ihn für einen besonderen Anlass aufbewahren. Ich glaube, jetzt ist der Moment gekommen.“ Er ging zum Bett und legte das Päckchen zu den anderen Sachen, die der Bestatter abholen würde.

Eins habe ich von meinen Junioren gelernt, sie leben in diesem Moment! Sie sind nicht gefangen, in dem was war und machen sich keine schweren Gedanken, was sein wird. Es ist nicht leicht im Hier und Jetzt zu leben. Es gibt immer viel zu viel zu bedenken und die Vergangenheit war ja nun auch einmal und hat Spuren hinterlassen. Aber ändern können wir im Nachhinein nichts mehr. Da können uns die quälenden und schmerzhaften Erinnerungen noch so treiben – was war, war! Was sein wird, was Schlimmes passieren könnte, was morgen ist, das können wir nur bedingt beeinflussen und es ist müßig, darüber das Leben heute zu vergessen. Genauso wenig wie wir etwas nachholen können, was gestern hätte geschehen müssen, können wir etwas tun, was morgen getan werden sollte. Denn wenn wir das machen, machen wir das in jedem Fall jetzt, in diesem Moment, heute! Wir Menschen können nicht durch Raum und Zeit twitchen (!), auch wenn es manchmal verlockend ist. Dies ist der. Augenblick, in dem wir gerade sind.

So leben es meine Kinder – sehr intensiv. Sie leben ihre Bedürfnisse. Und das heißt nicht, dass sie keine Rücksicht nehmen. Aber sie sind nicht schon mehrere Schritte voraus oder hinken hinterher und denken, was sie gestern nicht gemacht haben und weinen dem nach. Carsten ist ein Meister der Sprüche: „Neues Spiel, neues Glück!“ Wiebke ist da sogar noch besser, sie akzeptiert den Moment, wie er gerade ist. Wenn sie schreit, dann schreit sie. Wenn sie wütend ist, dann denkt sie noch lange nicht daran, sich zu beruhigen. Ich muss ihr die Zeit lassen, das alles zu erleben. Das ist verdammt nicht leicht für mich.

Warum nun die Geschichte von Anfang? Weil ich auch etwas gefunden habe für bessere Zeiten, weil jeder von uns so etwas hat. Lasst es uns rausholen und jetzt genießen!

Aber erst, nachdem ich den ersten Schnee in diesem Jahr vom Gehsteig geschoben habe! 😉