Mein Mäuschen, das ich früher überall mit hingeschleppt habe, das, weil es so abgeliebt war und dadurch seinen langen Schwanz verlor, hat wieder einen. Sicherlich ist es keine Wertsteigerung – die Fahne vom Knopf hatte ich selber schon abgeschnitten, weil sie mich störte – und ganz rasserein ist das possierliche Tierchen auch nicht, aber endlich trage ich meine „Ratte“ wieder mit mir herum.
Heute ist ein wichtiger Tag. Meine Augen schmerzen vom Weinen. Es ist viel passiert, es kann in einer kurzen Woche sehr viel passieren. Vertrauen kann aufgebaut werden, aber noch schneller einstürzen. „Mama, warst du bei der Seelenärztin?“, fragt mich Carsten: „Kann sie dir helfen?“ „Ich hoffe sehr!“ „Das ist gut!“ Vier Sätze, ein Gespräch mit einem behinderten Menschen, der mehr Empathie hat, als mein allgemeines Umfeld. Nicht weil er mein Sohn ist, sondern weil er einfach ein besonderer Mensch ist, der die Gabe hat, Menschen zu lieben! Jeden Menschen!
Ich war bei der Seelenärztin. Leider erst einmal nur für ein paar Termine – tiefenpsychologische Gesprächstermine – so, wie ich es mir gewünscht habe. Vergangenheitsbewältigung. Einerseits habe ich eine panische Angst, meine Geschichte zu erzählen – eine Geschichte, die viele Mädchen in meinem Alter erzählen könnten. Andererseits drängt es mich, endlich diese verkorkste Familiengeschichte aufzudröseln.
Die Maus braucht ihren Schwanz – sonst ist sie nicht vollständig. Und da ich mit der Maus alt werden will, bekommt sie (im übertragenen Sinn) einen neuen – auch wenn er nicht hundertprozentig stimmig ist. Meine Erinnerungen sind es nämlich auch nicht.
Es sind kryptische Gedanken und es sind auch nicht die einzigen, die mich umtreiben. Eins weiß ich, dass ich Enttäuschungen, die unweigerlich immer wieder kommen, dass ich diese nicht mehr so dicht an mich heranlassen darf und ich will mich endlich selber kennen lernen!
Euch allen wünsche ich einen wundervollen Spätsommerabend – denkt an euch!