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Stark

Ich war stark, und meine Intuition rettete uns mehr als einmal vor Überfällen. Ich war sanft, und oft kamen die Krieger zu mir, um mit mir über ihre Gefühle zu sprechen. Ich hatte einen Körper, der fähig war, Leben zu schenken und den Schmerz der Geburt zu ertragen. Ich verstand es zu kämpfen, war ihnen ebenbürtig mit Pfeil und Bogen und konnte außerdem kochen und ihnen in den Nächten der Feste vortanzen. Doch sie schienen diese Dinge nicht sehr zu schätzen. Sie ließen mich außer acht, wenn es um die Zukunft ging oder darum, Entscheidungen über Leben und Tod zu fällen.

Gioconda Belli  Bewohnte Frau

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Es ist nicht einfach, dieses Buch zu lesen – beim zweiten Mal auch nicht und schon gar nicht, wenn mir die Augen vor Müdigkeit zufallen und der Kopf brummt. Eine Nasennebenhöhlenentzündung ist der Grund vom Schädelbrummen. Einfache Kochsalzlösung in die Nasendusche und alles (fast) paletti!

Es ist, wie es ist

Dieser Tag kann nur besser werden. Wenn, ja wenn ich diese Mistkopfschmezen los bin, das grummendel Gefühl im Bauch weg ist und meine Beine nicht mehr aus Wackelpudding bestehen. Er wird besser werden, davon bin ich überzeugt – denn es tut sich was. Morgen kommt eine Ernährungsberaterin, ab Freitag jetzt jede Woche ein Musiklehrer, der Carstens Gesang schulen wird und Wiebke ein gutes Körpergefühl beim Trommeln nahe bringt. Vielleicht kommt auch bald eine Redakteurin der hiesigen Tageszeitung, mal sehen, abwarten!

Aber erst einmal noch mal ins Bett – hoffentlich kann ich auch schlafen.

Verträumt, verhuscht

Auf diesem Bild habe ich meinen Sohn auf dem Schoß. Er war damals 2 Jahre alt und ich demnach 22. Keine Ahnung, was ich gedacht habe – aber eigentlich ist es ein typisches Bild für mich. Ich war meistens ganz woanders. Der Welt entflohen, nur meinem Kind sehr nah – fast immer in irgendeinem Krankenhaus. Auch dies Foto ist in einem Krankenhaus aufgenommen worden. In Debstedt, in einer orthopädischen Klinik. Dort war Frau Rosenbaum, weil ich nicht bei Carsten bleiben konnte. Frau Rosenbaum war wunderbar. Eine einfache Frau mit viel Witz und Verstand. Eine Frau, die Carstens Vorliebe für besondere Worte erkannt hat und die mit ihm gespielt hat, während er im Streckverband lag.

Ach, wäre ich damals nur ein bisschen weniger verhuscht gewesen. Aber ich war mitten in meiner zweiten Ausbildung und durfte nicht fehlen. Nicht auffallen, war meistens konform – oh nein, es war die Zeit von Cattenom, Wyhl, Gorleben und meine politische Hochzeit – aber innerhalb der Familie war ich die brave, die bemitleidenswerte, die mit dem behinderten Kind. Keiner konnte meinen Widerstand gegen die Atomlobby verstehen und Unterstützung hatte ich null, null! Ich habe meine Aktivitäten verschoben – habe mich im Kindergarten engagiert, wurde Elternsprecherin und habe, so glaube ich, einiges in der Behindertenarbeit angestoßen. Was ich in meiner Ursprungsfamilie nicht erreicht habe, nämlich Anerkennung zu bekommen, gesehen zu werden, das habe ich mir außerhalb geholt.

Bis Wiebke geboren wurde, MamS nach seinen Lehren, den Meisterbrief machte, er seine Karriere forcierte, wir umgezogen sind und ich mehr und mehr nur für meine behinderten Kinder lebte und zunehmend vereinsamte.

 

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