Gedicht

Weitermüde

Müde legt sich mein Schatten
in diesen weißen Fetzen Licht
der Straßenlaterne.

– Ich gehe weiter.

Gedicht

Glück

 

 
Nichts mehr, was dich treibt
Nichts mehr, was dich hält
Den Hügel hinauf
Und so lange nach innen singen
Bis die Stimme dich aufhebt
Und mitnimmt.
 

Gedicht, Kuddelmuddel

ein fremdes Gedicht

Der Ort, an dem wir recht haben

An dem Ort, an dem wir recht haben,
werden niemals Blumen wachsen
im Frühjahr.

Der Ort, an dem wir recht haben,
ist zertrampelt und hart
wie ein Hof.

Zweifel und Liebe aber
lockern die Welt auf
wie ein Maulwurf, wie ein Pflug.
Und ein Flüstern wird hörbar
an dem Ort, wo das Haus stand,
das zerstört wurde.

© Jehuda Amichai

Jehuda Amichai ist einer der meistgelesenen modernen jüdischen Dichter. Dieses Gedicht von Jehuda Amichai wurde von Israels Oberstem Gerichtshof in einer Urteilsbegründung zitiert, als es darum ging, gegenüber abstraktem Recht auch die Stimme der Menschlichkeit sprechen zu lassen. Der vielgelesene Dichter wurde 1924 als Ludwig Pfeuffer in Würzburg geboren, emigrierte 1935 mit seiner orthodoxen Familie nach Palästina, kämpfte im Zweiten Weltkrieg in der “Jewish Brigade”, war Soldat im israelischen Unabhängigkeitskrieg und den drei folgenden Kriegen, danach Lehrer, später Professor für hebräische Literatur. Seit 1937 lebte Amichai als Lyriker, Erzähler und Dramatiker in Jerusalem. Er starb dort im Jahr 2000.

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… und ich hoffe sehr, dass ich bis Weihnachten schmerzfrei huste!