Behinderung, Junioren

winnewinnewippa

„Mamma, ich bin wach!“ Mein Töchting ruft: „Ich singe dir ein Morgenlied!“ Es ist 6Uhr am Samstagmorgen, viel zu früh. Auch für noch so schöne fantasievolle skurrile Lieder, deren Texte sich mir nicht erschließen. Sie singt ihr Kakao-Lied und bekommt prompt ihre Lieferung. Aufstehen? Nöö! Warum? Es ist der letzte Ferientag und der wird ausgereizt. Zimmerservice inclusive!

Der Kerle pennt, pennt, dreht sich nur kurz auf die andere Seite und – pennt weiter. Mir wäre lieb, das Töchting täte das auch. Aber solange sie Winnewinnewippa-Lieder singt, ist der Tag ein guter Tag.

08:23Uhr – wow, es ist ruhig in beiden Zimmern. Was machen wir heute? Der Kerle fragt verschlafen: „Kommt heute jemand?“ Nein, heute nicht und morgen auch nicht. „Och, das wird aber langweilig!“, sagt er und legt sich nieder!

10:51Uhr – Sie sind immer noch träge. Sieht so aus, als ob sie faul machen wollen. Dürfen sie. Nur mir fehlt ein erwachsener Mensch mit dem ich schweigen kann.

15:20Uhr – Terrassenträgheit macht sich breit. Von Zeit zu Zeit lese ich vor. Ein Buch von Matt Haig: Evie und die Macht der Tiere. Den Junioren gefällt es sehr. Ein Mädchen sprich in Gedanken mit allen Tieren und erlebt Abenteuer. Das Buch ist sogar noch informativ zusätzlich zur Spannung. Ich werde bald weiterlesen müssen, brauche aber erst mal eine PAUSE!

Allgemein, Behinderung

Kann uns mal jemand helfen?

„Oh, das geht leider nicht, denn wenn was passiert bin ich meinen Job sofort los!“ Ja danke, dann is ja jut. Oder – wer nicht will, der hat schon. Manchmal frage ich mich ernsthaft, warum ich vorher irgendwo anrufe und mich erkundige, ob wir auch mit Rollstühlen dahin kommen, wo wir hin wollen? Wenn sich dann doch Hürden aufzeigen. So auch heute wieder. Das Schiff legt vom anderen Ableger ab und dieser hat eine steile Treppe. Meine Begleiterin ist eine Schiebehelferin und nennt den Rollstuhl des Kerle ihren Rollator, sie kann diesen nicht die Treppe runtertragen. Der Mitarbeiter der Reederei —-> siehe obige Antwort!

Zum Glück waren andere Fahrgäste so freundlich und  – ein starker Mann an den Griffen und einer am Gestell – erst des Töchtings Rollstuhl war im Schiff und gleich darauf auch der, des Kerle. Mitsamt den beiden draufsitzend wohlgemerkt!  Im Schiffchen gab‘s auch noch eine schmale Treppe aufs Oberdeck und jetzt sind wir schon wieder auf dem Heimweg und hatten eine schöne Fahrt auf dem Neckar. Links Weinberge, rechts Weinberge – ach ne, das heißt ja Backbord und Steuerbord! Ein leichtes Lüftchen, was zu trinken, Wiener Würstchen auf die Hand mit Brot, in die Weite schauen und die Seele baumeln lassen. Eben war ich mit meiner Tochter auf dem Klo. War auch ein kleines Abenteuer. Ich habe sie getragen, eine schmale Treppe runter, an der offenen Bordwand längs, nur mit Seil abgesperrt. Ein paar Stufen um die Kurve, an einem dicken schwitzenden Mann vorbei, der leicht schwankend auf die Seite wankte und dann aufs Klo. Ein winziges Kabüffchen, in das ich rückwärts rein musste mit meiner Tochter auf dem Arm …

Runter vom Schiff werden wir kommen. Wahrscheinlich wieder mit hilfsbereiten Mitfahrenden. Es grummelt etwas und die Sonne spielt Verstecken wie ein Kleinkind – hat nicht genug Geduld sich lange suchen zu lassen. Wenn wir Zuhause sind mache ich nix mehr. Jedenfalls nur noch das, was sowieso getan werden muss. Aber das ist erst nachher!

Bilder gibts keine, ich komme nicht zum knipsen!

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Wir sind daheim! Schön war es. Wenn auch sehr beschwerlich. Wenn man eine Schifffahrt mit Ausflugsschiffen machen möchte, sollte man tunlichst mobil sein. Weder Rollstühle noch Kinderwagen dabei haben und wenn ja, muss man froh sein Mitmenschen zu haben, die auch mal anpacken können. Inklusion ist was anderes. Behinderte Menschen werden ausgegrenzt. „Sie konnten doch mitfahren! Was haben Sie denn?“ Was für Unannehmlichkeiten uns das gebracht hat, das wird kaum gesehen. Die Rollstühle der Junioren sind noch schmal, ein erwachsener Mensch kann faktisch nicht aufs Schiff. 

Aber Spaß gemacht hat’s dennoch.

Inklusion nicht nur eine Frage der Hilfe, sondern vor allem auch der Haltung.

Gedicht, Junioren

ein Morgen

Ein Morgen wie gewaschen
der Himmel noch mit Lauge bedeckt
sonnengrauverhangene Gedanken
pustet der Wind

Nachtschlafende Gefühle erwachen
kitzeln zaghaft an der Nase
die junge Frau im gelben
Regenmantel eilt vorbei

Maibrückentage
Milch fehlt, auch Kakao
der Notaufnahmetag fehlt
beim einkaufen

In den Juniorenzimmern erwacht
das Leben

© piri ulbrich