Allgemein, Behinderung

stolpern

Bin wahrscheinlich zu viel gerannt, habe den Stress unterschätzt und offensichtlich habe ich ein Medikament genommen, das kontraproduktiv zu meinem Herzen ist. Dies stolpert mehr denn je, schlägt mitten in der Nacht Purzelbaum. Der Blutdruck steigt, der Puls klopft links untern Ohr an. Ich glaube, ich habe eine Tendenz zur Dramatik. Mein Hausarzt meint allerdings, ich würde es herunterspielen. 

Am Morgen habe ich beim Kardiologen angerufen – ich hätte Mittwochnachmittag kommen können. Hätte! Geht aber nicht. Niemand da, der die Junioren ver- und umsorgt zu der Zeit. So kurzfristig bekomme ich keine Helferin! Und  allein bleiben können der Kerle und das Töchting nicht.  

Jetzt darf ich im Januar kommen. Zwei Monate minus drei Tage, soll noch mal zum Hausarzt, um mit ihm zu besprechen, ob ich nicht die halbe Pille auch schon zu viel ist. Ich brauche ein Mantra! Eins, das ich mir verinnerliche, in etwa so: Es ist, wie es ist und ich bin okay! Ich weiß ja, dass ich alles so gut, wie es mir möglich ist, mache – mehr kann ich nicht. Die Angst lähmt mich nur und Bewegungslosigkeit kann ich nicht gebrauchen. Wenn die Angst nicht weggeht, dann muss ich mit ihr leben und dem Loch in der Straße ausweichen lernen.

Das Loch in der Straße

Eine Person geht eine Straße entlang. Plötzlich stürzt sie in ein Loch, das sich unerwartet vor ihr auftut. Verzweifelt ruft sie um Hilfe. Tatsächlich kommt jemand und hilft ihr heraus. Am nächsten Tag geht sie die gleiche Straße entlang und wieder stürzt sie in das gleiche Loch. Sie empfindet Angst, aber sie findet einen Weg, sich selbst aus dem Loch zu befreien. Am dritten Tag geht sie wieder die Straße entlang und stürzt erneut in das Loch – aus reiner Gewohnheit. Sie ärgert sich über sich selbst und befreit sich durch die bekannte Möglichkeit. Am vierten Tag geht die Person die gleiche Straße entlang, wechselt aber vor Erreichen des Loches die Seite. Am fünften Tag wählt sie eine andere Straße. |  Nossrat Peseschkian

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Allgemein

Vorsichtig behandeln

Es ist der falsche Titel. Aber auch das ist mir völlig egal. Heute bin ich barsch und sehr sensibel zugleich. Ich renne, renne seit Stunden wieder in Gedanken auf einem tristen Flur vor der ITS auf und ab. Renne im Kreis, drehe 8ten und laufe auf und ab.

Es ist schon lange her, da habe ich das an einem 17. November gemacht. Alles ohne Tränen. Nur mit Bangen. Ohne zu wissen, was mit meinem Mann hinter den Türen passiert. Seit Stunden weiß ich nichts. MamS ist im Haus meiner Mutter kollabiert. Ganz langsam, eigentlich sogar sehr vorsichtig ist der Krankenwagen aus der Straße weggefahren und nachdem ich mich mitten in der Nacht angezogen, endlich einen Parkplatz vor dem Krankenhaus gefunden und den Weg zur Intensivstation fand, seitdem hatte ich mit niemanden gesprochen. Niemand hat mir gesagt, wie es meinem Mann geht. Niemand wusste etwas und ich hatte keinen Platz. Nur den grauen Flur, auf dem nicht einmal ein Stuhl stand.

Ob ich mich hingesetzt hätte? Ich weiß es nicht. Ich wollte wissen, wollte wissen, was mit meinem Mann ist! Und kein Mensch war da. Zumindest ist das Licht nicht ausgegangen. Oder es konnte gar nicht ausgehen, weil ich den Bewegungsmelder in Trab hielt. Ich rannte. Rannte (nagelt mich nicht fest) 25m in die eine Richtung und 25m in die andere Richtung – und genau das tue ich in der Nacht zum 17. November jedes Jahr.

Es ist kurz nach halb sechs. Damals hatte ich die Schwester meines Mannes angerufen. Sie kam fast gleichzeitig mit dem Arzt, der mir endlich sagte, dass MamS in die Herzklinik zur OP gebracht wird, da das Aortenaneurysma geplatzt ist und sie (die Ärzte) das in dieser Klinik nicht operieren können. Ich fing wieder an zu laufen. Tonlos. Ich musste kotzen und muss es jetzt im Moment auch.

Die Schwägerin ist dem Rettungswagen hinterhergefahren. Ich musste zu den Junioren, weil meine Mutter sie nicht versorgen konnte. Tränenlos bin ich in mein Elternhaus, habe die Junioren angezogen und wir haben gewartet.

17. November | vormittags

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Ich renne, renne seit Stunden und mir ist kotzübel…