Kategorie: Behinderung

Konglomerat

Konglomerat ist ein Wort meines Vaters – ich erinnere mich. Die Gemengelage meiner Gedanken lässt mich einfach nicht zur Ruhe kommen. Ich sag‘ dazu immer Kuddelmuddel – das lustige Wort macht es aber nicht besser! Hab‘ die Junioren weggebracht, unter Tränen. Besonders Wiebke hat sehr geweint. Fremde Menschen wollten sie trösten – mein Töchting hat noch mehr geweint und geschrien. Heimweh, schon vor der Abreise in die Ferien! Das kann heiter werden. Betüddelnde Betreuer – Wiebke kann so was gar nicht gebrauchen. Genauso wenig, wie gestreichelt und angefasst werden. Haben die Leute meine „Gebrauchsanweisung der Junioren“ nicht gelesen? Zum Glück sind 2 Frauen dabei, die meine Junioren und ihre Marotten kennen, die wissen, dass Wiebke Autistin ist und möglichst in Ruhe gelassen werden möchte. Erst recht, wenn sowieso schon Holland in Not ist und die Tränen fließen. Carsten freut sich auf den Urlaub – aber: „Du Mama, ich freu mich jetzt schon, wieder nach Hause zu kommen!“ Meine Junioren sind nicht dumm. Besonders der Kerle ist äußerst empathisch und spürt, dass mich etwas sehr bedrückt – ich muss die Situation klären, aber alleine kann ich das nicht. Dazu brauche ich das gegenüber, das bereit ist, auch zu reden! Es ist Herbst! Die dunkle Jahreszeit fängt an. Es wird kalt. Kalt, wie im Winter. Die Junioren frieren sitzend auf ihren Rollstühlen. Dieses Jahr hatten wir kaum Frühling und einen Herbst auch nicht wirklich. Der Winter ist nicht unsere Jahreszeit! Ich schreibe Gedichte, die kaum jemand lesen mag. „Besinn dich auf die Fähigkeiten, die du hast und schau nicht immer, was du nicht kannst!“ Mit meinen Gedichten kann die wohlmeinende Freundin – kann kaum jemand aus meinem Umfeld etwas anfangen. Ich schreibe trotzdem. Ist es Trotz? Nein, ich schreibe, weil ich es möchte, weil es ein Bedürfnis und ein großer Ausgleich zu den Unwegsamkeiten ist. Niemand muss sie lesen oder gar hören – ich tu’s in erster Linie für mich. Dennoch wäre es schön – das hatten wir ja schon. Ich wünsche allen ein schönes, eine Stunde längeres, Wochenende. …übrigens: ich gehe jetzt zum Singen in die Badewanne!

eineinhalb Stunden später

Die Helferin wird nicht mehr kommen. Wir haben uns nicht aussprechen können. Sie hat mir, mit großen Vorwürfen, den Bettel vor die Füße geworfen!

Eigentlich erleichtert mich das. So ist wenigstens ein Schlussstrich gezogen und ich brauche keine Rücksicht mehr zu nehmen!

[Einklappen]

keine Fisimatenten

Die Nacht war ruhig. Carsten spricht nicht von Sirdischen und Geistern, anscheinend hat er gut geschlafen! Wiebke beschwert sich: „Mama, wenn ich rufe, musst du auch kommen!“ Ihr Bett ist nass und sie völlig entrüstet …

Ich wasche wieder zwei Betten, weil Carsten ohne Windel geschlafen hat.

Meine Gespenster haben tief und fest gepennt, sind jetzt frisch und munter, veranstalten ein Brainstorming und hecken irgendetwas aus. Ob ich dem entgegen wirken kann, weiß ich jetzt noch nicht. – Erst mal eine Tasse Kaffee!

∙∙∙∙∙·▫▫▫▫ᵒᵒᵒᴼᴼ ᴼᴼᵒᵒᵒ▫▫▫▫∙∙∙∙∙·

Meine Blogroll ändert sich. Es gruselt mich beim lesen anderer Blogs. Manchmal möchte ich den Autor respektive die Autorin gerne in den Arm nehmen und irgendwie trösten – es geht leider nicht. Dazu kommt, dass ich nicht weiß, ob das überhaupt erwünscht wäre.

Manchmal frage ich mich aber auch, warum ich einige Blogs eigentlich noch lese!  Interessen, die einmal gleich oder wenigstens ähnlich waren, sind auseinandergedriftet. Die Musik-, Buch- und Modegeschmäcker waren eh verschieden. Was verfasst wird, ist nicht mehr meins! Warum ich dennoch weiterlese liegt daran, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist.  Ich halte fest und hoffe, dass doch noch etwas Interessanten für mich geschrieben wird.  Außerdem lese ich doch schon so lange! Sicher, es ist dumm von mir meine Zeit damit zu vertrödeln.

So ist es im Leben – Dinge ändern sich und Menschen auch – mein Blog ist genauso dem Wandel unterworfen!

Fortsetzung folgt…

Du Mama

Carsten ist heute lange vor mir wach, er hockt im Bett und hat Bücher um sich verstreut. „Du Mama, es sind Gestalten aus den Büchern gekommen, heute Nacht!“ Er sieht etwas verängstigt aus. „Hast du Krimi geguckt?“ „Ja, manchmal!“ Ich bekomme nichts aus ihm heraus, sehe nun auch, dass er seine Smarties mit samt der Schale durchs Zimmer geworfen hat. Ich frage nicht mehr. Er wird mir  sowieso nichts sagen.  Aber er hat gekämpft in der Nacht. Ich habe es nicht gehört, ich habe geschlafen.

Wiebke badet heute, den Kerle lasse ich noch eine Weile im Bett. Das Töchting macht Überschwemmung und diskutiert mit mir über Unterhemden und Lieblingsshirts. Das mit dem Mädchenaufdruck ist aber gerade in der Wäsche. „Hol das her, ich will das anziehen!“ Aus dem Schrank hole ich ein Zweitlieblingsshirt und das ist auch recht.

Bei Carsten ist es still, kein Zug rattert vom Tablet und auch keine Nachrichten quäken – irgendwas ist. Ich kenne meinen Sohn. „Mama, warum sind wir immer so alleine und wenn dann jemand da ist, dann müssen wir immer was machen!“ „Willst du nicht?“ „Doch, aber manchmal was anderes! Außerdem, … ach ich will jetzt nicht reden.“ Mein Sohn lässt mich nachdenklich zurück. Er ist erwachsen und ich muss ihn wie einen Erwachsenen behandeln. Wir werden reden und wir werden herausfinden, was ihn plagt und gemeinsam Lösungen finden.

Es wird nicht einfach – für mich nicht, aber auch für Carsten nicht. Und Wiebke ist noch eine andere Baustelle!

Copyright © 2025 voller worte

Theme von Anders Norén↑ ↑

Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.