Alltag, Behinderung, Junioren, Kuddelmuddel

Dienstagmorgen

Kaffeetasse
Kaffeetasse

Wieder keine Werkstatt, wieder ein Tag mit zwei hustenden, nicht fiebrigen, dafür sehr unterschiedlichen Menschen, die sich nach Normalität sehnen. Zwei Menschen, die ich erst einmal schlafen lasse und darauf hoffe, dass der Husten über Nacht verschwunden ist und sie beide morgen wieder losfahren können. Zu ihren Freunden, etwas ‚arbeiten‘, von daheim weg, mir von der Pelle. Heute muss ich sie noch beschäftigen. Der Vorschlag von mir, dass wir gemeinsam basteln, wurde zweisam eindeutig niedergeschmettert. „Mamaaa, dazu bin ich viel zu alt!“ Hat er ja recht, der Kerle. Auch Wiebke legt lieber Kastanien, Eicheln und deren Hütchen dekorativ in die Schublade. 

Das Abenteuerbuch kommt gut an – bei Carsten. Aber das Töchting verzieht sich demonstrativ in ihr Zimmer und schließt unsanft die Tür. Ein geeignetes Buch für sie habe ich noch nicht gefunden. Tiergeschichten mag sie nicht. Das Krankenhausbuch mag ich nicht zum drölfundachtzigsten Mal vorlesen und die Liebesgeschichte findet sie affig. 

Mein Doc sagt zu mir: „Ich bewundere dich, wie du das schaffst! Dabei pass auf, du bist selbst noch nicht fit. 80% Gesundheit, sind nicht gleich 80% Leistungsfähigkeit.“ Wunderbar! Alle wissen, aber helfen können sie mir leider auch nicht. Wenn dann aber jemand, wie die Pastorenfreundin kommt, sich selbst einlädt, beziehungsweise sich von Carsten einladen lässt, ihn so fragt, dass er gar nicht anders kann, als sie einzuladen und ich auch keinen Rückzieher mehr machen kann, dann ist das nur noch ärgerlich. Wenn sie dann auch noch leidend ausschweifend von ihren diversen Krankheiten und deren Behandlung erzählt, dann schalten die Junioren ab, aber von mir wird erwartet, dass ich mitfühlend zuhöre. Meine Gedanken dabei, möchte ich nicht erzählen, sie wären auch nicht stubenrein. Solche Besuche sind eher eine zusätzliche Belastung, denn eine wahre Hilfe! Da war die Helferin, die am Sonntag hier war, ein richtiger Segen.

Doch, wir haben gute Helfer, tolle Menschen – nur leider leben sie nicht den Alltag mit uns, es ist immer eine Ausnahmesituation und zum Essen sind sie weg. Apropos Essen, es ändert sich nichts. Es ist ein Krampf um jeder Kalorie. Bei mir macht sich Verzweiflung breit.

…  der Morgenkaffee ist kalt geworden!

Veröffentlicht von piri

✨ In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich manchmal daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ✨ Hier gibt es die Möglichkeit etwas in den, wenn auch nur virtuellen Hut zu werfen. Herzlichen Dank!

13 Gedanken zu „Dienstagmorgen“

  1. B sagt:

    Du sagtest doch, Carsten backt gern Plätzchen.

    1. piri ulbrich sagt:

      Ja tut er, er backt! Er kocht auch gerne. Aber das heißt noch lange nicht, dass er auch die Plätzchen isst oder das, was er kocht.

      1. B sagt:

        Mein Kommentar bezog sich als Alternative zum Basteln.

  2. Reiner sagt:

    Guten Morgen dir.

  3. dergl sagt:

    Wären für Wiebke vielleicht eher Biografien etwas? Es gibt diese „Little People, Big Dreams“-Reihe vom Inselverlag mit Biographien berühmter Menschen. Alter ist eigentlich so bis zehn Jahre angegeben. Die Reihe ist weit gefächert von David Bowie über Marie Curie, Frida Kahlo, Anne Frank, Stephen Hawking, Agatha Christie, Vivienne Westwood, Jane Austen, Maria Montessori, Coco Chanel, Rosa Parks et cetera. Also sehr viel aus verschiedenen Bereichen. Sind auch schön für Erwachsene, die von einigen Leuten überhaupt keine Ahnung haben. Spreche aus Erfahrung.

    1. piri ulbrich sagt:

      Viel zu anspruchsvoll für Wiebke.

      1. dergl sagt:

        Och, schade. Ich dachte da wäre vielleicht was für sie Interessantes bei. Hat man ja manchmal, dass man irgendeine Person interessant findet oder Fan ist und dann was drüber wissen will. Mag sie Kunstbücher? Prestel Junior hat manchmal schönes für das Niveau Grundschule. Auch mit Bildern zum Anschauen und so etwas.

        Kann sie mit und mag sie Geschichten, die für Erwachsene verfasst sind, aber in Leichter Sprache? Dann ist vielleicht bei der Edition Na und ob was für euch brauchbares dabei. Da gibt es auch Texte, deren Protagonist:innen zum Beispiel in Werkstätten arbeiten. Kann natürlich sein, dass ihr das auch alles nicht liegt oder das auch schon zu anspruchsvoll ist. Es gibt Leseproben auf der Verlagswebseite.

        1. piri ulbrich sagt:

          Danke – Wiebke ist sehr speziell. Aus der Entfernung, ohne sie zu kennen, sind Vorschläge schwierig.

  4. Marion Eve Stöckli sagt:

    Liebe Mutter von Kerle und Töchting
    Du musst viel leisten, und du musst viel ertragen. Ich weiss aus Erfahrung – es ging mir wohl nie so übel wie dir – wie nervig Menschen sind, die sich selbst, ihre „Leiden“ und Wehwehchen immer zentral sehen. Da gibt es nur Eisenbahntunnel Ohren: zum einen rein zum anderen raus! Viel Erfolg dabei und viel Freude mit den angenehmeren Ausgaben der Spezies Mensch.

    1. piri ulbrich sagt:

      Danke – Eisenbahntunnelohren! Das muss ich mir merken.

    2. freiedenkerin sagt:

      Ein ganz lieber und leider viel zu früh verstorbener Freund meines Vaters pflegte gerne zu sagen: „Da sind wir wie mit Teflon beschichtet, das lassen wir alles an uns abgleiten.“ 😉

      1. piri ulbrich sagt:

        Nee, leider kann ich das nicht. Mag sein, dass ich viel zu höflich bin und mir auch den größten Schmarrn anhöre. Liegt vielleicht auch daran, dass ich als Aspergerautistin alles wissen will.

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