Behinderung

alt sein – alt fühlen

Carsten hat gestern einen Nerv getroffen. Einen Nerven, der schon länger blank liegt. Je älter ich werde, umso mehr schlaucht mich Außergewöhnliches. Sicherlich kein Wunder, denn die Kräfte schwinden, sie lassen nach. Morgens betrachte ich mein Gesicht und kann die Falten nicht zählen – es sind zu viele. Die Falten an sich stören mich nicht. Das Grau und die Augenschatten sind es, die mich gruseln lassen. Da hilft kaltes Wasser nur bedingt. Auch wenn ich wach bin und meine morgendliche Aufgabe zügig, lachend und aufmunternd erledige – weil am Montagmorgen beide Junioren so gar keine Lust haben – packe ich meine Arbeit an und das tue ich gerne. In dem Moment, in dem ich sie mache, läuft es auch. Wir sind ein eingespieltes Team. Ich kann vorhersagen, wann sie zetern, weiß, dass Wiebke keine Schuhe anziehen will, sehe Carsten dabei zu, wenn er im Schneckentempo seine Cola austrinkt. So langsam kommt die Zeit der Jacken und Mützen. Die Junioren mögen beides nicht. Jacken nicht, weil sie meistens so steif sind, dass sie sich noch schlechter bewegen können und Mützen aus Prinzip nicht. 

Wenn sie endlich aus dem Haus sind, war ich früher schon fertig. Heutzutage bin ich brotfertig und würde mich am liebsten wieder ins Bett legen. Geht nicht! Carsten hat ohne Windel geschlafen und Wiebke hat Saft im Bett ausgeschüttet…

… aber erst einmal male ich mir junge Augen an!

Klimt hat eine wunderbare Zeichnung einer alten Frau.

Veröffentlicht von piri

✨ In Momenten, in denen ich an mir und meiner Arbeit zweifle und meine, nichts Gutes auf die Reihe zu bekommen, denke ich manchmal daran, mir kurz das, was ich schon geschafft habe, anzuschauen. Dann geht's wieder. ✨ Hier gibt es die Möglichkeit etwas in den, wenn auch nur virtuellen Hut zu werfen. Herzlichen Dank!

4 Gedanken zu „alt sein – alt fühlen“

  1. paula sagt:

    Na, von dem Zustand auf er Zeichnung bist Du ja noch meilenweit entfernt. Aber so ist das Leben.
    Hier ist ein hübsches Gedicht, was zum Thema Altern passt, von Dieter Hildebrand https://www.youtube.com/watch?v=NpflKLO6dOw

    1. piri ulbrich sagt:

      Danke, Danke es war mein Lacher am Mittag!

  2. Mari sagt:

    Ach ja, dieses graue Gesicht kenne ich auch aus dem Spiegel – besonders im Herbst. Ich habe keine Kinder mehr, die ich betreuen und versorgen muss. So kann ich ab und zu mal halblang machen.

    All the leaves are falling down,
    orange, yellow, red and brown.
    Falling softly as they do,
    over me and over you.

    Ich wünsche Dir einen wunderschönen Herbst.

    1. piri ulbrich sagt:

      Danke für das schöne stimmungsvolle Herbstgedicht – ach halblang wäre schön!

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