aller guten (!) Dinge sind drei

Es gibt etwas, was ich nicht vermitteln kann und das ist, wenn die Junioren morgens nicht aufstehen wollen. Auch heute wollten sie nicht aufstehen. Aber ich wollte nicht, dass sie den ganzen Tag im Bett liegen. Auch wenn es ihnen nicht gut geht, so sollen sie doch wenigstens einen normalen Tag haben. Carsten muss heute rasiert werden. Das passiert nicht jeden Tag, weil es jedes Mal ein Drama ist. Er stirbt immer fast dabei. Aber ab und zu muss es dann doch sein, denn er soll nicht rumlaufen wie ein Murtjen.

Er zetert und ist auf einmal sehr beweglich. Die Anstrengung, die ich dabei habe, ist nicht in Worte zu fassen. Das muss man sehen. Es ist tatsächlich körperliche Schwerstarbeit, sowohl für mich, als auch für den Kerle.
Wenn ihr Bruder so schreit, ist Wiebke auch aufgebracht und fängt an zu schreien. So habe ich manchmal einen Zwei-Fronten-Krieg – auch heute. Wiebke schmeißt ihre Brille, und alles was sie greifen kann durch die Gegend. Zum Glück ist heute die Brille heil geblieben.

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Warum Carsten – außerdem – so geschrien hat, habe ich erst im Gespräch erfahren, dass ich führen konnte, als er sich ein bisschen beruhigt hat. Einer seiner Freunde ist weggezogen und er vermisst ihn sehr. Dann hört ein weiterer Betreuer auf. Es tut mir weh zu sehen, wie mein Sohn Kummer hat. Es bereitet mir auch Kummer. Leider kann ich ihm nicht helfen, zu sehr ich es möchte.

Tatsächlich habe ich ein schlechtes Gewissen dabei.

Aber Freunde kann ich ihm nicht herzaubern. Meinen Junioren – beiden – fehlen verlässliche Freunde auf Augenhöhe. Während der Werkstattzeiten allerdings auch. Zum Glück gibt es die Band, da blüht der Kerle auf und das Töchting kann ihre überschüssige Energie heraustrommeln.

Ich habe ihr angeboten unsere Trommel zu nutzen. Ein paarmal hat sie draufgehauen – ich hatte schon Angst, das Fell reißt – dann ist sie lachend in ihr Zimmer.

Der Kerle hört Fußball.

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…und ich muss meinen Puls regulieren, das Zittern abstellen und ganz dringend etwas gegen mein schlechtes Gewissen machen!

Kategorien: Behinderung, Familie, Junioren

3 Kommentare

  1. Habe die drei guten Dinge in dem Beitrag gesucht.
    – das Wort Murtjen
    – plötzliche Beweglichkeit
    – Trommeln und Lachen und Fußball und kein schlechtes Gewissen.
    Guts Nächtla, liebe piri.

    • Guten Morgen Magrit, der Kerle ist immer noch unrasiert, aber das ist völlig egal. Das Töchting ist schon wieder wach und erzählt. Der Sonntag beginnt und alles ist friedlich, bis auf den Rauchmelder, der unregelmäßig blödsinnigerweise piept.

  2. Sonnabend Morgen, in den frühen 80ern. Drei Kinder schlafen in einem Zimmer. Das Älteste davon bin ich. Plötzlich wird mir die Decke weggerissen, meinen Brüdern ebenso. Eine militärisch klingende Stimme brüllt: „Los aufstehen, faules Gesindel- der Mischer dreht sich schon!!!“ Mein Vater will sein völlig irres Hausbauprojekt fortsetzen und braucht Sklaven, die ihm Steine reichen oder Mörtel machen.
    So kann es auch laufen. Du kannst stolz auf Dich sein. Ich kenne das etwas anders.
    Da ich ja auch männlich bin- rasieren kann furchtbar weh tun, ich würde in solchem Fall immer „trocken“ versuchen- wenn es daran liegt. Oder ist es so ein Psycho Ding- wie alle Kinder Haare scheiden doof finden(?) dann ist es sicherlich schwieriger.

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